Krieg gegen die Ukraine: Geeintes Europa ist Schutzschirm für Frieden

03.05.2022 | Wahlkreis

Der 24. Februar war ein schwarzer Tag für Europa. Seit der russischen Invasion sterben Menschen in der Ukraine und über fünf Millionen Geflüchtete suchen Schutz in Europa. Die EU-Staaten müssen jetzt geeint und klar gegen die russische Aggression vorgehen und Solidarität mit den Menschen aus der Ukraine zeigen. Dieser Kommentar zu unseren europäischen Antworten auf den Krieg in der Ukraine ist zuerst in der Berliner Stimme erschienen.

Jetzt heißt es auch, Lehren aus dem Krieg und seinen Folgen zu ziehen und diese zeitnah umzusetzen: Die EU muss ihre strategische Autonomie u.a. durch einen stärkeren Schutz ihrer kritischen Infrastruktur und durch kontinuierlich gefüllte Energiespeicher verbessern. Gleichzeitig gilt es, die Zusammenarbeit in der europäischen Außen-und Sicherheitspolitik zu stärken und die sozialen Folgen dieses Kriegs abzufedern, die besonders Menschen mit geringen Einkommen treffen.

Schnelle und gezielte Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine

Als Vizepräsidentin der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament bin ich für die Themengebiete Rechtsstaatlichkeit, europäische Werte und Grundrechte sowie für die Arbeitskräftemobilität zuständig. Deshalb beschäftigt mich gerade besonders, wie wir den Geflüchteten aus der Ukraine schnell und gezielt helfen können.

Bereits in den ersten zwei Wochen des Krieges sind mehr Geflüchtete in der EU angekommen als 2015 und 2016 zusammen. Allein Polen hat bereits knapp 3 Millionen Ukrainer:innen aufgenommen: mehr als alle anderen EU-Staaten zusammen. Diese Solidarität sehen wir auch in Berlin, wo bereits über 50.000 Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht wurden. Zivilgesellschaft leistet einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung dieser Aufgabe. Hier zeigt sich erneut: Europas Potenzial ist seine organisierte Zivilgesellschaft.

Grundlage für diese schnelle Hilfe ist die europäische Richtlinie über temporären Schutz, die am 4. März vom Rat angewandt wurde. Sie entstand 2001 als Hunderttausende vor dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien fliehen mussten. Geflüchtete aus der Ukraine erhalten so eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis, Zugang zu Sozialhilfe, zu den Bildungssystemen und zum Arbeitsmarkt in den EU-Staaten.

Die Richtlinie gilt zunächst für ein Jahr und wird automatisch zwei Mal um sechs Monate verlängert, wenn der Rat die Entscheidung nicht beendet. Außerdem unterstützt die EU Regionen und Kommunen, die Geflüchtete aufnehmen, mit rund 17 Milliarden Euro aus dem Kohäsionsfonds im Rahmen des sogenannten CARE-Programms. Mit einer unkomplizierten 100 Prozent-Finanzierung sollen Unterbringung und Versorgung der Menschen aus der Ukraine schnell und unbürokratisch ermöglicht werden.

Für Kinder und Jugendliche stehen weitere EU-Mittel zur Verfügung, um ihnen eine psychosoziale Betreuung und einen inklusiven Zugang zu den Bildungssystemen zu garantieren. Trotzdem möchte ich betonen, dass die europäische Asylpolitik schon jahrelang blockiert ist und noch immer Geflüchtete an den Außengrenzen der EU unter menschenunwürdigen Bedingungen ausharren müssen. Menschen auf der Flucht dürfen nicht aufgrund ihrer Nationalität, Hautfarbe oder religiösen Ansichten schlechter behandelt werden. Die EU wird daran gemessen werden, wie sie jetzt und in Zukunft mit Menschen in Not umgeht, die bei uns Sicherheit suchen, auf Basis der europäischen Werte.

Eine gemeinsame europäische Energie- und Sicherheitspolitik für nachhaltigen Frieden in Europa

Am 7. April haben wir im Europäischen Parlament mit großer Mehrheit eine dritte Resolution auf den Weg gebracht, die Wege aufzeigt, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Die Energieversorgung in Europa steht dabei zurecht ganz oben auf der Agenda. 41 Prozent der Gasimporte in der EU stammen aus Russland. Die Einnahmen daraus machen in Russland gemeinsam mit den Öllieferungen ein Drittel des Gesamthaushalts aus.

In der Vergangenheit waren die EU-Staaten zu zögerlich, wenn es um eine gemeinsame europäische Energiepolitik ging. Stattdessen sind wir in den letzten Jahren noch abhängiger von russischen Energielieferungen geworden und erneuerbare Energiequellen wurden nicht ambitioniert genug ausgebaut. In der Resolution fordern wir deshalb Investitionen in die Energieeffizienz sowie diversifizierte Energieressourcen und -versorgungswege.

Außerdem brauchen wir eine Strategie für nachhaltigen Frieden in Europa. Dazu gehört eine stärkere Europäisierung der Außen- und Sicherheitspolitik. Vorschläge dafür liegen auf dem Tisch: In der Konferenz zur Zukunft Europas haben Bürger:innen beispielsweise vorgeschlagen, dass zukünftig Entscheidungen in der Außen- und Sicherheitspolitik mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden sollen, um die EU handlungsfähiger zu machen.

Nur wenn wir mit gemeinsamer, starker Stimme sprechen, können wir unsere europäische Gesellschaftsordnung verteidigen, die auf der Achtung der Menschenrechte, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit basiert.

Europäische Antworten auf die sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Kriegs

Viele Europäer:innen leiden unter den anhaltenden Auswirkungen der Pandemie und sind bereits jetzt mit steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen konfrontiert. Wir müssen eine soziale Spaltung in Europa um jeden Preis verhindern, um angesichts der wachsenden geopolitischen Spannungen auf stabile europäische Gesellschaften zählen zu können. Die Mitgliedsstaaten sind unterschiedlich aufgestellt, was Unterstützungsmaßnahmen zum Beispiel für vulnerable Gruppen angeht.

Besser wäre es, wenn die EU-Staaten koordiniert vorgehen und kohärent agieren würden. Sinnvoll wäre zum Beispiel, das europäische Kurzarbeitsprogramm SURE zu verlängern oder auszubauen. Arbeitsplätze und Kaufkraft in allen Mitgliedstaaten zu sichern, sollte Priorität haben. Ich möchte mir nicht ausmalen, in welcher Lage wir uns ohne die europäische Union befänden.

Unser gemeinsames Auftreten und die Unterstützung füreinander sind die beste Antwort auf diese Krise. Wir sollten uns vor Augen halten, dass Europa nur geeint nicht zum Spielball globaler Mächte wird. Sonst profitiert in der aktuellen Situation nur einer, der bereits seit Jahren alles daransetzt, Europa zu spalten: Wladimir Putin.

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