Diese Woche findet wieder ein Mini-Plenum in Brüssel statt. Mini-Plenum bedeutet, dass wir uns auf ausgewählte dringliche Themen konzentrieren und nicht das volle Programm einer regulären Plenarsitzung in Straßburg abhalten. Trotz des kompakten Formats stehen wichtige Entscheidungen an. Das sind die Themen:

Nachhaltigkeits-Omnibus – stehen die Konservativen weiter auf der Bremse

Änderungen an Richtlinien, Abstimmung am Donnerstag, 13.11.2025, 11 Uhr bis 13 Uhr.

Es geht um Verpflichtungen für soziales und nachhaltiges Wirtschaften sowie Bürokratie-Abbau: Der sogenannte Nachhaltigkeits-Omnibus umfasst Änderungen sowohl an der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) als auch an der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD). Die Richtlinien verpflichten Unternehmen zur Berichterstattung, um die nachhaltige und sozialverträgliche Entstehung von Produkten zu fördern. Nachdem der konservative Berichterstatter im Oktober kein Verhandlungsmandat erringen konnte, steht der Text im November nun erneut auf der Tagesordnung.

Da der Versuch eines Kompromissvorschlags durch konkrete Zugeständnisse der S&D an die EVP unbeantwortet blieb, reichte die sozialdemokratische Fraktion ihre eigenen Änderungsanträge ein. Sie enthalten einen gesenkten Schwellenwert für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, eine stärkere Einbindung von Interessengruppen, die Wiedereinführung der zivilrechtlichen Haftung und den Kompromiss aus dem Umweltausschuss zu den Klimaplänen, der übrigens auch von Christdemokrat:innen unterstützt wurde.

Der Ball liegt nun bei den Christdemokraten. Die S&D ist weiterhin offen, mit allen demokratischen Fraktionen und der Plattform zu verhandeln. Ob dieser Prozess in einer konstruktiven Lösung endet, liegt in der Hand des EVP-Berichterstatters Jörgen Warborn und seiner Bereitschaft, den Weg der Zusammenarbeit zu beschreiten, anstatt sich auf die Unterstützung rechtsextremer Kräfte zu stützen.

Langfristhaushalt – Zentralisierung stoppen, Sozialfonds sichern

Resolution; Debatte am Mittwoch, 12.11.2025, ab 15.30 Uhr; voraussichtliche Abstimmung am Donnerstag, 13.11.2025, 11 bis 13 Uhr.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte den neuen Entwurf für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) am 16. Juli vorgestellt. Nach anhaltender Kritik an der neuen Struktur will die Kommission den Streit nun auf Ebene der Präsident:innen lösen: Am Montag trifft von der Leyen Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und die dänische Ratspräsidentschaft zu einer Krisensitzung. Ziel ist es, das Parlament von seiner ablehnenden Haltung gegenüber den nationalen und regionalen Partnerschaftsplänen abzubringen – bislang ohne Erfolg.

Die S&D-Abgeordneten fordern eine solide, sozial gerechte Finanzplanung für die nächsten sieben Jahre, die den Menschen in der EU zugutekommt. Der EU-Haushalt muss die soziale und wirtschaftliche Annäherung der europäischen Regionen fördern und einen starken, eigenständigen Europäischen Sozialfonds sichern. Angesichts wachsender Aufgaben in Verteidigung, Digitalisierung, Energie und Klimaschutz bleibt es bemerkenswert, dass der EU-Haushalt nicht einmal halb so umfangreich ist wie der deutsche Bundeshaushalt. Sollte die Kommission keine Änderungen am MFR-Text vorlegen, will das Parlament in einer Resolution am Donnerstag die nationalen und regionalen Partnerschaftspläne zurückweisen.

EU-Klimaziel 2040 und nationale Klimabeiträge – wichtige Schritte zur UN-Konferenz

Abstimmung im Umweltausschuss am Montag 10.11.2025, 17 Uhr; Plenarabstimmung Donnerstag, 13.11.2025, nach 11 Uhr.

Kommende Wochen sollen erst der Umweltausschuss und dann das Plenum des EU-Parlaments über das EU-Klimaziel abstimmen, nachdem sich die EU-Umweltminister am 5. November auf ihre Position zum EU-Klimaziel geeinigt hatten.

Im Unterschied zum Rat wird das Parlament vermutlich zusätzliche Absicherungen für den Gebrauch der sogenannten internationalen Klimagutschriften aufnehmen. Außerdem soll der Gebrauch dieser credits in Zukunft unter engeren Vorgaben geprüft werden. An einem Kompromiss zum Umfang der Klimagutschriften haben die vier pro-europäischen Gruppen im Parlament gemeinsam gearbeitet. Nach der Abstimmung im Parlament werden Trilog-Verhandlungen folgen, die aufgrund der voraussichtlich eher geringfügigen Differenzen zwischen den Positionen von Rat und Parlament zügig abgeschlossen sein dürften.

Entwaldung – Parlament entscheidet über Eilverfahren

Verordnung; Abstimmung am Donnerstag, 13.11.2025, ab 11 Uhr.

Die Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten dient dazu, die weltweite Entwaldung und Waldschädigung zu stoppen, die durch den Verbrauch und Handel bestimmter Produkte in der Europäischen Union verursacht wird, etwa durch Holz, Rindfleisch, Kakao, Kaffee oder Palmöl. Ziel ist, Biodiversität und Klima zu schützen und nachhaltige Lieferketten zu fördern.
Die EU-Kommission hatte am 21. Oktober Änderungen an der EU-Entwaldungsverordnung vorgeschlagen. Europäisches Parlament und EU-Mitgliedsstaaten müssten sich vor Ende des Jahres auf Änderungen einigen, damit diese pünktlich zu Jahresende in Kraft treten können. Andernfalls tritt die ursprüngliche Fassung der EU-Entwaldungsverordnung in Kraft. Daher stimmt das Europäische Parlament am Donnerstag, 13. November darüber ab, ob es die Änderungsvorschläge im Eilverfahren behandeln soll, bei dem die Ausschussphase übersprungen wird. In der Plenarsitzung vom 24. bis 27. November würde dann über Änderungsanträge beziehungsweise über die Annahme der Kommissionsvorschläge abgestimmt, bevor Europäisches Parlament und EU-Mitgliedsstaaten in Verhandlungen miteinander eintreten können.

Gleichstellungsfortschritte gegen Rechtsruck sichern

Initiativbericht; Debatte am Mittwoch, 12.11.2025, voraussichtlich 17 Uhr; Abstimmung, Donnerstag, 13.11.2025 um 12 Uhr;

Bevor die derzeitige Gleichstellungsstrategie dieses Jahres ausläuft, plant die EU-Kommission ihre Nachfolgestrategie vorzulegen. Das EU-Parlament stellt mit diesem Initiativbericht vorab Forderungen für Maßnahmen und Ziele der europäischen Gleichstellungspolitik in den kommenden fünf Jahren vor.

Das EU-Parlament fordert umfassende Maßnahmen zur Stärkung der Gleichstellung, darunter die EU-weite Anerkennung geschlechtsspezifischer Gewalt als Strafbestand, die Anerkennung sexueller und reproduktiver Rechte sowie den Schutz der Lohntransparenz. Zudem verlangt es eine Weiterentwicklung der Europäischen Pflegestrategie und einen wirksamen Mechanismus zur Sicherung von Demokratie und Frauenrechten.

Klar ist, dass wir gerade in Zeiten multipler Krisen und Rechtsruck, eine ambitionierte Gleichstellungspolitik benötigen, die nicht nur den status quo der Frauenrechte sichert, sondern die Gleichstellung auch weiterhin ins Zentrum aller politischen Bemühungen der EU stellt.  Fraglich bleibt, wie viel letztlich umgesetzt werden kann, betrachtet man den mangelnden politischen Willen in vielen Mitgliedstaaten.

Mehr lesen:

Bezahlbarer Wohnraum in Europas Großstädten?

Bezahlbarer Wohnraum in Europas Großstädten?

In einem aktuellen Beitrag von rbb Radio 3 wurde ich zur Wohnraumkrise in europäischen Großstädten wie Berlin, Madrid und Paris interviewt. Die Situation ist dramatisch: Mietkosten steigen, bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper, allein in Berlin leben über 55.000 Menschen ohne eigenes Dach über dem Kopf – während gleichzeitig tausende Wohnungen leer stehen.

Themen der Plenarwoche in Straßburg

Themen der Plenarwoche in Straßburg

EU-Haushalt 2026, neue Führerschein- und Fahrverbotsregeln & das neue Arbeitsprogramm der Kommission: Das sind die Themen der Plenarwoche in Straßburg.