Themen der Plenarwoche in Straßburg

15.12.2025 | Plenum

Diese Woche findet das letzte Plenum des Jahres im EU-Parlament in Straßburg statt. Das sind die Themen über die die Abgeordneten diese Woche diskutieren:

EU-Dezembergipfel – Umgang mit eingefrorenen russischen Staatsmilliarden

Hauptdebatte am Mittwoch, 17.12.2025, 9 Uhr bis 11.50 Uhr in Straßburg vor dem letzten EU-Gipfel 2025 in Brüssel am 18.-19. Dezember.

Der Europäische Rat ringt weiter um eine gemeinsame Lösung, um die rund 185 Milliarden Euro des in Belgien eingefrorenen russischen Staatsvermögens für die Ukraine nutzbar zu machen. Denn spätestens im April droht der Ukraine das Geld auszugehen. Die Rechtslage ist anspruchsvoll, aber lösbar – entscheidend sind politische Entschlossenheit und eine faire europäische Lastenteilung. Die eigentliche Hürde besteht weniger im Recht als im ökonomischen Risiko: Sollte Russland die Gelder eines Tages zurückfordern, darf Belgien nicht alleine haften.

Die SPD im Europäischen Parlament fordert daher, dass die Staats- und Regierungschefs jetzt den notwendigen politischen Willen zeigen und eine kollektive europäische Garantie beschließen. Mit ihr kann Europa die Ukraine langfristig finanziell absichern und gleichzeitig verhindern, dass autoritäre Aggressoren auf Zeit spielen.

Strategie für bezahlbares Wohnen umsetzen

Debatte am Dienstag, 16.12.2025, ab 15 Uhr.

Die Sozialdemokrat:innen haben bezahlbares Wohnen auf die EU-Agenda gesetzt. Der Plan für bezahlbaren Wohnraum, den die EU-Kommission kommende Woche vorstellen wird, muss klar bekräftigen: Wohnen ist ein Grundrecht. Durch beharrliche politische Arbeit hat die S&D-Fraktion sowohl den ersten EU-Kommissar für Wohnungswesen als auch den Sonderausschuss zur Wohnungskrise durchgesetzt und damit den Weg für dieses zentrale Vorhaben geebnet. Nun kommt es darauf an, dass die Kommission konkrete Vorschläge vorlegt, die der komplexen Realität der Wohnungskrise gerecht werden.

Für die Sozialdemokrat:innen ist entscheidend, dass der europäische Plan für bezahlbaren Wohnraum klar auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet ist: Wohnen muss bezahlbar und menschenwürdig sein. Dafür brauchen wir national wie europäisch konkrete Maßnahmen, die mehr Investitionen in sozialen und bezahlbaren Wohnraum sicherstellen – durch die Modernisierung der Beihilferegeln und durch mehr EU-Gelder und finanzielle Instrumente. Die Sozialdemokrat:innen wollen die Handlungsmöglichkeiten von Bürgermeister:innen rechtssicher stärken. Die Entscheidungsträger:innen vor Ort müssen sicherstellen können, dass dem Wohnungsmarkt nicht weiterhin so viele Wohnungen entzogen werden können. Zudem sind EU-Initiativen nötig, um Spekulationen am Wohnungsmarkt einzugrenzen.

Vollständiger Ausstieg aus russischem Gas

Verordnung; Debatte am Dienstag, 16.12.2025, 9 Uhr bis 11.50 Uhr. Abstimmung 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr.

Ab Ende 2027 darf kein russisches Gas mehr in die EU importiert werden. Das legt die Verordnung mit einem verbindlichen Fahrplan für den vollständigen Ausstieg aus Importen fest und schließt damit an die Initiative ‚RePowerEU‘ von 2022 an. Im Dezember-Plenum in Straßburg stimmt das Europäische Parlament darüber ab und bestätigt damit das Ergebnis der Einigung zwischen Kommission, Mitgliedstaaten und EU-Parlament der letzten Woche. In Deutschland gibt es beim Thema Flüssigerdgas noch letzte Umgehungstatbestände. Auch etwa Österreich, Slowakei oder Belgien haben noch Baustellen. Für Sozialdemokrat:innen ist klar: Europa muss dauerhaft unabhängig von Putins Energieexporten werden, um politische Erpressbarkeit zu verhindern und die Versorgung von Verbraucher:innen und Wirtschaft zu sichern. Gemeinsamer Gaseinkauf, neue Lieferverträge, zusätzliche LNG-Kapazitäten und intelligente Speicherregeln haben bereits Preise stabilisiert; ein Zurück zu Nord Stream ist ausgeschlossen.

Damit sich die Belastungen der Energiekrise nicht wiederholen, fordert die Europa-SPD eine konsequente Umsetzung der Ausstiegsstrategie – einschließlich eines Endes für russisches Uran. Zugleich müssen Energieimporte weiter diversifiziert sowie erneuerbare Energien, alternative Wärmequellen, Speichertechnologien und die Wasserstoffwirtschaft schneller ausgebaut werden, um Europas Energiesouveränität dauerhaft zu stärken.

Lieferketten – Rechtspakt will Schutz von Mensch und Umwelt abschwächen

Änderung zweier Richtlinien; Abstimmung am Dienstag, 16.12.2025, 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr.

Im Dezember-Plenum steht die Einigung zum sogenannten Nachhaltigkeits-Omnibus zur Abstimmung, der sowohl die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung als auch die europäische Lieferkettenrichtlinie betrifft. Nach der vorläufigen Trilog-Einigung zwischen Parlament, Rat und Kommission entscheiden noch Parlament und Rat final über den Kompromiss. Ob dafür die notwendigen Mehrheiten zusammenkommen, ist offen. Ist das der Fall, haben die Mitgliedstaaten bis Juli 2028 Zeit, um die Lieferkettenrichtlinie, die bisher nicht mal in Kraft ist, umzusetzen. Unternehmen müssen die Regeln dann ab Juli 2029 umsetzen.

Die S&D-Fraktion warnt vor der konservativ-rechtsextremen Verwässerung zentraler Standards. Anstatt verantwortungsvoll wirtschaftenden Unternehmen durch klare europäische Regeln einen Wettbewerbsvorteil zu sichern, drohe der neue Rechtspakt faire Unternehmen zu benachteiligen und Europas Rolle als globaler Maßstab für nachhaltiges Wirtschaften zu schwächen. Die Europa-SPD bekräftigt: Bürokratieabbau – aber nicht auf Kosten fundamentaler Menschen- und Arbeitnehmer:innen-Rechte, die den Kern des europäischen Sozialmodells bilden. Die Erzählung, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit stünden im Widerspruch, weist die Fraktion entschieden zurück. Europas Stärke liege in Innovation, fairen Märkten und dem Übergang zur Klimaneutralität. Die Sozialdemokrat:innen werden sich daher weiterhin für robuste, durchsetzbare Nachhaltigkeitsregeln einsetzen, die fortschrittliche Unternehmen stärken und Europas Wettbewerbsposition langfristig sichern.

Mercosur-Schutzklauseln – zusätzliches Sicherheitsnetz für die Landwirtschaft

Verordnung; Abstimmung am Dienstag, 16.12.2025, 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr.

Das Europäische Parlament stimmt im Dezember-Plenum über die Schutzmaßnahmen zum geplanten EU-Mercosur-Abkommen ab. Der Handelsausschuss hatte zuvor für ein deutlich gestärktes Sicherheitsnetz votiert, das greifen soll, wenn Agrarimporte aus dem Mercosur den EU-Erzeugern schaden. Neben der Möglichkeit, Zollpräferenzen kurzfristig auszusetzen, sollen Marktüberwachung und Berichtspflichten gegenüber dem Parlament verschärft werden. Zudem sollen Untersuchungen der Kommission künftig schneller abgeschlossen sein und vorläufige Schutzmaßnahmen – etwa bei stark steigenden Importmengen oder fallenden Preisen – früher greifen.

Die S&D nimmt die Bedenken der europäischen Landwirtschaft ernst: Die im Abkommen vorgesehenen Kontingente für sensible Produkte schützen bereits, doch die Verordnung schafft für den unwahrscheinlichen Schadensfall zusätzliche Sicherheit. Das Paket senkt die Schwelle für Untersuchungen und ermöglicht rasche Eingriffe, um Betriebe zu entlasten. Ziel ist es, im Plenum eine breite Unterstützung für diese Schutzmechanismen zu erreichen – auch von Abgeordneten, die dem Mercosur-Abkommen insgesamt kritisch gegenüberstehen.

Die Unterzeichnung des EU-Mercosur-Abkommens durch die EU-Kommission wird noch im Dezember erwartet; über die endgültige Zustimmung zum Abkommen soll Anfang 2026 abgestimmt werden.

Konservative schwächen europäischen Waldschutz

Verordnung; Abstimmung am Dienstag, 16.12.2025, 12 Uhr bis 13 Uhr.

Im Dezember-Plenum entscheiden die Abgeordneten über die endgültige Fassung der EU-Entwaldungsverordnung – einem Kerninstrument des Grünen Deals, das sicherstellen soll, dass Produkte wie Kaffee, Kakao, Palmöl, Soja, Holz, Kautschuk und Rindfleisch nicht länger aus zerstörten Waldgebieten auf den EU-Markt gelangen. Doch die von konservativen Kräften durchgesetzten Änderungen verwässern den Verordnungstext deutlich: Die Anwendung wird erneut bis Ende 2026 verschoben. Rückverfolgbarkeitsstandards werden aufgeweicht und die Verordnung soll überprüft und womöglich erneut verschoben und abgeschwächt werden, bevor sie überhaupt in Kraft tritt – Schritte, die die Wirksamkeit des Gesetzes untergraben und Unternehmen eher Unsicherheit als Entlastung bringen.

Die Sozialdemokrat:innen lehnen diese Abschwächung ab. Viele große Firmen sind längst bereit, ambitioniertere Waldschutzauflagen einzuhalten, während gesunde Wälder zentral für den Klima- und Artenschutz bleiben – jede Minute werden laut EU-Kommission rund 100 Bäume allein für den europäischen Konsum abgeholzt. Die S&D-Fraktion hatte einen ausgewogenen Weg vorgeschlagen: rasche Anwendung für große Unternehmen, kombiniert mit zusätzlicher Zeit und Praxistests für kleinere Betriebe. Die EVP blockierte diesen Ansatz und nimmt damit Nachteile für jene Unternehmen in Kauf, die bereits in faire, nachhaltige Lieferketten investiert haben.

Vereinfachung der EU-Agrarpolitik – Bio-Sektor und ländliche Startups stärken

Verordnung; Debatte am Montag, 15.12.2025, ab 17 Uhr; Abstimmung am Dienstag, 16.12.2025, 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr.

Das Europäische Parlament entscheidet im Dezember-Plenum über den Agrar-Omnibus – ein zentrales Paket zur Vereinfachung der EU-Agrarpolitik. Konservative Kräfte wollten die Vorlage nutzen, um verbindliche Umweltstandards zu streichen. Diese Kurskorrektur zulasten von Natur- und Klimaschutz konnte im Trilog gestoppt werden: Die grundlegenden Schutzregeln bleiben bestehen und sichern die notwendige Stabilität für die nächste Reform der Agrarpolitik ab 2028.

Gleichzeitig bringt der Kompromiss Entlastungen für die Landwirtschaft.  Kleinbetriebe erhalten höhere Pauschalzahlungen, Jung- und Neulandwirt:innen bessere Startchancen, und ökologisch wirtschaftende Betriebe profitieren von klareren, weniger bürokratischen Verfahren. Die Mitgliedstaaten gewinnen mehr Planungssicherheit und weitere Verfahren werden durch die Beschlüsse entbürokratisiert.

Der Agrar-Omnibus macht damit eine Reihe an wichtigen Schritten in Richtung einer Vereinfachung der EU-Agrarpolitik. Nach der Plenarabstimmung muss der Rat den Rechtsakt formell annehmen; anschließend sollen die neuen Regeln 2026 in Kraft treten.

Sacharow-Menschenrechtspreis für inhaftierte Journalist:innen

Preisverleihung am Dienstag, 16.12.2025, 12 bis 12.30 Uhr, im Plenum in Straßburg.

Das Europäische Parlament verleiht den Sacharow-Preis 2025 an Andrzej Poczobut aus Belarus (seit 2021 in Haft) und Msia Amaghlobeli aus Georgien (seit Anfang 2025 in Haft), die trotz Inhaftierung und politischer Repression unbeirrt für Meinungsfreiheit, Menschenwürde und Demokratie einstehen. Beide Journalist:innen wurden zu Symbolfiguren des Widerstands gegen autoritäre Regime, weshalb das Parlament ihre sofortige und bedingungslose Freilassung fordert. Mit der Auszeichnung setzt die EU ein starkes Signal weltweiter Solidarität mit verfolgten Journalistinnen und Journalisten und bekräftigt ihr Engagement für die Verteidigung von Freiheit und Menschenrechten. Diese Menschen riskieren ihr Leben, um die Wahrheit ans Licht zu bringen und andere zu schützen – ihr Mut verkörpert die zentralen Werte des Sacharow-Preises: Menschenwürde, Meinungsfreiheit und die Verteidigung der Menschenrechte.

Jede Nominierung für den Preis muss anfangs von mindestens 40 Europaabgeordneten unterstützt werden. Die Entwicklungs- und Außenpolitiker:innen des EU-Parlaments bestimmen in einer gemeinsamen Sitzung drei Finalist:innen, bevor die Konferenz der Präsident:innen des Parlaments über die Preisträger:innen entscheidet. Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit, auch EU-Menschenrechtspreis genannt, ist mit 50.000 Euro dotiert und wird seit 1988 vom Europaparlament an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich in besonderer Weise für Menschenrechte und Meinungsfreiheit einsetzen.

Zugang zu legalen und sicheren Schwangerschaftsabbrüchen sichern

Resolution; Debatte am Dienstag, 16.12.2025, ab 15 Uhr; Abstimmung Mittwoch, 17.12.2025, 12 Uhr bis 13 Uhr

Die Europäische Bürger:inneninitiative „My Voice, My Choice“ hat 1,2 Millionen Unterschriften gesammelt. Nun soll das Europäische Parlament ihre Forderungen durch die Annahme eines Entschließungsantrags unterstützen.

Ziel der Bürger:inneninitiative ist, einen Fonds einzurichten, der Frauen aus Mitgliedstaaten, in denen kein Zugang zu sicheren und legalen Schwangerschaftsabbrüchen besteht, finanziell unterstützt. Der Fonds soll Schwangeren bei Bedarf erleichtern, in einen anderen EU-Staat zu reisen, um dort den Eingriff vornehmen zu lassen. Die Sozialdemokrat:innen unterstützen diese pragmatische Lösung und damit auch den Willen der europäischen Bürger:innen. Die S&D wird die EU-Kommission im nächsten Schritt aktiv bei der Suche nach einer geeigneten Umsetzung begleiten. Stimmt eine Parlamentsmehrheit für die Resolution, erhöht das den Druck auf die Kommission, entsprechende Gesetzgebung vorzulegen.

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