Letzte Plenarwoche in Straßburg

23.04.2024 | Europawahl 2024, Plenum

Lieferkettengesetz – Menschenrechte und Umweltschutz stärken

Richtlinie; erste Lesung, Abstimmung am Mittwoch, 24. April Juni 2024, 12 Uhr bis 13 Uhr.

Das europäische Lieferkettengesetz, formell die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit, soll Unternehmen weltweit zur Erfüllung von Sorgfaltspflichten im Umwelt- und Menschenrechtskontext verpflichten. Unternehmen müssten dann ihre Wertschöpfungsketten auf mögliche Verstöße gegen internationales Menschen- und Umweltrecht prüfen und könnten bei Verstößen haftbar gemacht werden.

Das EU-weite Lieferkettengesetz soll künftig auf Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden und 450 Millionen Euro Umsatz angewendet werden.

Nachdem die EU-Mitgliedstaaten sich im Rat, trotz deutscher Enthaltung, mit Mehrheit auf eine Position geeinigt hatten, stimmt jetzt das Plenum des Europäischen Parlaments über die Einigung ab.

Produkte aus Zwangsarbeit bekommen die rote Karte

Verordnung, erste Lesung, Debatte am Montag, 22. April 2024, 17 Uhr, Abstimmung am Dienstag, 23. April, 12 Uhr.

Die Zahl der Menschen in Zwangsarbeit nimmt weltweit zu. Laut einem Bericht der International Labour Organization waren 2021 weltweit 28 Millionen Menschen von Zwangsarbeit betroffen – 3 Millionen mehr als 2016. Zwar hatte sich die internationale Gemeinschaft bereits 1930 auf die Abschaffung der Zwangsarbeit geeinigt, aber es gab bisher keinen Mechanismus, um sicherzustellen, dass Produkte, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden, nicht auf den EU-Binnenmarkt gelangen. Mit der Einigung auf ein Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit verhindert die EU nun künftig, dass Produkte aus Zwangsarbeit im EU-Binnenmarkt zum Verkauf stehen und Zwangsarbeit durch europäische Verbraucherinnen und Verbraucher auch noch ungewollt unterstützt wird. Unternehmen werden bei der Umsetzung dieses Gesetzes unterstützt. Diese Einigung ist ein großer Erfolg für europäische Sozialdemokrat:innen, die seit langem das Verkaufsverbot von Produkten aus Zwangsarbeit fordern. Wir können nicht länger die Augen davor verschließen, was in unseren Lieferketten geschieht. Wir kämpfen für eine EU, die sich nicht von den Menschen und ihrer Würde abwendet. Die neuen Regeln werden 36 Monate nach der Veröffentlichung der Verordnung in Kraft treten.

Uber, Lieferando & Co. – faire Arbeitsbedingungen für Plattformbeschäftigte

Richtlinie; erste Lesung, Abstimmung am Mittwoch, 24. April Juni 2024, 12 Uhr bis 13 Uhr.

Digitale Plattformen wie Uber, Lieferando und Co. sind in der EU mittlerweile Teil einer 14 Milliarden Euro schweren Industrie. 45 Millionen Menschen werden laut Schätzungen der EU-Kommission im Jahr 2025 in der EU ihr Geld über Plattformen verdienen, derzeit sind es 23 Millionen. Einige der reichsten Unternehmen der Welt haben diese Erfolge auf Kosten der Plattformarbeiter*innen erreicht, die in vielen Fällen zu Unrecht als selbstständig eingestuft werden. Als Selbstständige haben Plattformarbeiter*innen keinen Zugang zu Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung. Die Umkehrung der Beweislast ist ein Kernelement des Berichts der sozialdemokratischen Berichterstatterin. Dabei soll eine rechtliche Vermutung gelten, dass Menschen, die ihr Geld über Plattformen verdienen, in einem Arbeitsverhältnis stehen. Bislang mussten die Betroffenen dies in langwierigen und teuren Gerichtsverfahren feststellen lassen. Die digitale Plattform kann dies dann widerlegen, wenn die Person nicht abhängig beschäftigt, sondern tatsächlich selbständig ist.

Mindeststandards gegen geschlechtsspezifische Gewalt

Richtlinie; Debatte am Dienstag, 23. April 2024, 13-15 Uhr, Abstimmung am Mittwoch, 24. April 2024.

Täglich werden Frauen durch Partner, Ex-Partner oder Unbekannte geschlagen, bedroht und getötet. Die Definitionen der unterschiedlichen Formen von Gewalt sowie der Strafmaße variieren jedoch bisher stark zwischen den einzelnen EU-Staaten. Die Richtlinie zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt soll nun Definitionen und Mindeststandards für den Kampf gegen Genitalverstümmelung, Cyber-Stalking, Belästigung im Internet, nicht einvernehmliches Teilen intimer Bilder, Zwangssterilisierungen und Aufstachelung zu Hass oder Gewalt im Internet festlegen. Damit wird der Schutz der Frauen endlich auch auf europäischer Ebene angegangen. Doch wir können uns auf diesem Ergebnis nicht ausruhen; insbesondere, da eines unserer Ziele, auch eine auf dem Prinzip “Nur ja heißt ja” basierte Definition zu Vergewaltigung in die Richtlinie mitaufzunehmen, aufgrund des Widerstands der Mitgliedstaaten in den Verhandlungen mit dem Rat gescheitert ist In der kommenden Legislatur will sich die Europa-SPD dafür einsetzen, dass Gewalt gegen Frauen als europaweiter Straftatbestand definiert wird.

Verbraucherrecht auf Reparatur erleichtert längere Nutzung von Produkten

Richtlinie; Debatte am Montag, 22.4.2024, 17 bis 22 Uhr, Abstimmung am Dienstag, 23.04.2024.

Kickstart für die Kreislaufwirtschaft: Anreize für Verbraucher:innen und Maßnahmen zur Verbesserung der Reparierbarkeit von Produkten sollen dazu führen, dass Produkte länger genutzt werden. Damit können Verbraucher:innen Ressourcen einsparen und eine aktive Rolle bei der Gestaltung der Kreislaufwirtschaft einnehmen. Unter Führung von René Repasi hat das Europäische Parlament Regelungen durchgesetzt, die Reparaturen erleichtern und den zunehmenden Müll an Elektronik und Co. eindämmen soll. Damit sich Verbraucher:innen aktiv für Reparatur eine Reparatur entscheiden, gibt es für Garantiefälle zwölf Monate extra Garantiezeit bei Reparatur während des Gewährleistungsanspruchs. Zudem sollen sich Verbraucher:innen künftig für die Reparatur direkt an den Hersteller wenden können. Die EU-Richtlinie will zudem unabhängige Reparaturbetriebe stärken. Aktuell sehen sich Verbraucher:innen häufig vor dem Dilemma, dass ein neues Produkt günstiger ist als die Reparatur. Durch die breitere Verfügbarkeit von technischen Reparaturinformationen und sinnvollen Preisen für Ersatzteile, können unabhängige Reparier künftig attraktive Preisangebote an Verbraucher:innen machen.

Nach Zustimmung durch Europäisches Parlament und Rat, tritt das neue Gesetz 20 Tage nach Veröffentlichung im europäischen Amtsblatt in Kraft und muss innerhalb von 24 Monaten in nationales Recht überführt werden.

Nachhaltigkeit als Standard

Verordnung, Abstimmung am Donnerstag, den 25. April 2024.

Die Abgeordneten stimmen über ihre Position zum Trilogergebnis zur Revision der Ökodesign-Regeln ab. Damit reagiert das Parlament auf den gleichnamigen Vorschlag der EU-Kommission vom März 2022.

Ziel der Überarbeitung ist, nachhaltige Produkte in der EU zur Norm zu machen. Produkte sollen länger halten, einfach zu reparieren sein und recycelt werden können. Neben energieintensiven Artikeln, wie großen Elektrogeräten, sollen künftig auch weitere Produktgruppen, wie Textilien, Schuhe oder Möbel, unter den Anwendungsbereich der neuen Verordnung fallen. Nach der Abstimmung im Europäischen Parlament, folgt noch eine formelle Zustimmung des Rates bevor die Verordnung Schritt für Schritt in Kraft tritt.

Plastikberge abtragen, Verpackungsmüll eindämmen

Verordnung; Abstimmung über Trilogergebnis; ohne Debatte; Abstimmung am Mittwoch, 24.04.2023 um 12 bis 13 Uhr.

Die wachsenden Verpackungsmüllberge sind nicht nur ein großes Umweltproblem in Europa und weltweit, sondern auch ein 350 Milliarden-Euro-Geschäft für die Herstellenden und eines der am stärksten lobbyierten Gesetze dieser Legislaturperiode. Diese Verordnung macht erstmals europaweite Vorgaben für mehr Mehrweg im Getränkehandel. Was in Deutschland bereits gängige Praxis ist, kann nun in der ganzen EU zum Standard werden. Außerdem wird es eine Mehrwegangebotspflicht für To-Go-Getränke nach deutschem Vorbild geben. Wegwerfverpackungen aus Plastik, etwa Einzelverpackungen von Obst und Gemüse, oder Plastikbecher in großen Gaststätten, die leicht durch wiederverwendbare Verpackungen ersetzt werden können oder schlicht unnötig sind, werden in der EU verboten.

Zudem soll Verpackungsmüll, der sich nicht vermeiden lässt, nachhaltiger werden. Alle Verpackungen müssen ab 2030 recyclebar sein. Zudem werden Plastikverpackungen zu einem gewissen Anteil aus recyceltem Material hergestellt werden müssen, um so den Bedarf nach immer neuem Plastik zu senken. Hinzu kommt mehr Klarheit für Verbraucher:innen, wie Verpackungen zu entsorgen sind. Jede Verpackung soll künftig ein Label tragen, auf dem deutlich angezeigt wird, wie und wo sie zu entsorgen ist. Mülltüten und öffentliche Mülleimer werden diese Label ebenfalls tragen, damit die Sortierung einfacher fällt.

Grenzkontrollen dürfen nicht zur Gewohnheit werden

Verordnung; Abstimmung am Mittwoch, 24.4.2024, 12-13 Uhr.

Grenzenloses Reisen ist einer der Eckpfeiler unserer Union, doch in der Praxis sind Kontrollen an den Binnengrenzen mittlerweile die neue Normalität. Der Schengener Grenzkodex regelt den Grenzübertritt an den Binnen- und Außengrenzen des so genannten Schengen-Raums. Auf Drängen von Sozialdemokrat:innen hat das EU-Parlament eine umfassende Überarbeitung des Schengener Grenzkodexes erreicht, mit der die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen strikt zeitlich begrenzt wird. Außerdem werden neue Regeln für den Umgang mit Gesundheitsnotständen wie Pandemien eingeführt, insbesondere auch zu Reiseeinschränkungen und Personengruppen, für die es keine Einschränkungen geben sollte. Damit werden die Lehren gezogen aus dem Flickenteppich an nationalen Maßnahmen während der COVID-19 Pandemie.

Emissionsfreie Technologien in der EU stärken

Mit dem Gesetz zur Netto-Null-Industrie will die EU die Abhängigkeit von Importen verringern, zukunftsfähige Jobs schaffen und die Klimaneutralität vorantreiben. Die Vereinbarung soll die Produktion emissionsfreier Technologien in der EU stärken und so dazu beitragen, die Klimaziele der Union für 2030 einzuhalten. So sollen zum Beispiel weite Teile der Produktion von Windrädern, Solaranlagen, Batterien, Wärmepumpen und anderen nachhaltigen Branchen zurück nach Europa geholt werden und die Ansiedelung von Industrieclustern gefördert werden.

Luftqualität – besserer Schutz, neue Standards für Feinstaub & Co.

Richtlinie, erste Lesung , Abstimmung über das Trilog-Ergebnis am Mittwoch, 24. April 2024, 12 Uhr bis 13 Uhr.

Laut EU-Umweltagentur sterben jährlich immer noch mehr als 300.000 Europäer:innen auf Grund von Luftverschmutzung signifikant früher, sogenannte vorzeitige Todesfälle. Insbesondere die Feinstaubbelastung reduziert in bedeutendem Maße die Lebenserwartung – mit erwiesenermaßen besonders gravierenden Effekten für Haushalte mit geringeren Einkommen. Um dem entgegenzuwirken, sollen mit der Neufassung der Richtlinie zur Luftqualität neue Grenzwerte für Feinstaub, Stickoxide und andere schädliche Emissionen gesetzt werden. Die Verhandler:innen von Rat und Parlament haben sich darauf geeinigt, dass ab 2030 im Wesentlichen die von der Kommission vorgeschlagenen Grenzwerte gelten sollen, jedoch mit zusätzlichem Spielraum für die Städte und Kommunen. Damit wird den drastischen Gesundheitsfolgen Rechnung getragen, ohne Fahrverbote oder andere drastische Maßnahmen zu riskieren.

Stimmt eine Mehrheit der Abgeordneten im Plenum für das Trilogergebnis, kann die neue Richtlinie nach einer Übergangszeit von zwei Jahren in Kraft treten.

Ausstieg der EU aus dem Energiecharta-Vertrag

Zustimmungsverfahren, Abstimmung voraussichtlich am Dienstag, den 23.04.24, 13 bis 14 Uhr.

Zur Abstimmung steht der Austritt der EU aus dem Energiecharta-Vertrag. Mit dem internationalen Abkommen, das aus den 90er Jahren stammt und 1998 in Kraft getreten ist, sollten ursprünglich Investitionen im Energiesektor geschützt werden. Es enthält u. a. Bestimmungen zum Investitionsschutz und zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten. Energieunternehmen können Regierungen verklagen, wenn diese ihre Klimapolitik über das alte Investor-Staat-Streitbeilegungssystem (ISDS) verfolgen Regierungen werden beispielsweise für Entscheidungen di Nutzung fossiler Energieträger einzuschränken verklagt. Die meisten Fälle im Rahmen des ECT sind auch EU-interne Fälle. Das bedeutet, dass Milliarden von EU-Steuergeldern zur Entschädigung von Investoren in fossile Brennstoffe verwendet wurden. In der aktuellen Form ist der Vertrag weder mit den Pariser Klimaschutzzielen, noch mit der Durchsetzung der Energiepolitik der EU wie dem Europäischen Grünen Deal und den Prioritäten des EPs vereinbar. Darüber hinaus steht er nationalen Klimaschutzpolitiken und den Bestrebungen der Sicherstellung des gerechten Übergangs der EU-Mitgliedstaaten entgegen. Während die Vertragsparteien auf Betreiben der EU eine Reform des veralteten Vertrages aushandelten, machte das Europäische Parlament in einer Entschließung im November 2022 deutlich, dass die Modernisierung nicht weit genug geht und die EU koordiniert austreten sollte. Das Europäische Parlament stimmt über den Austritt der EU ab und folgt damit den Beispielen bereits ausgetretener Mitgliedsstaaten wie etwa Deutschland und Italien.

Wendepunkt für Vertrauen und Offenheit in Europa

Resolution, Debatte und Abstimmung am Donnerstag, 25.4.24.

Mehrere EU-Behörden, darunter Vertreter:innen von Parlament, Kommission und dem Europäischen Gerichtshof konnten sich im März auf eine gemeinsame Ethikbehörde einigen, die zuständig für Fragen der Integrität, Transparenz und Rechenschaftspflicht in den EU-Institutionen sein soll. Fünf unabhängige Expert:innen sollen das neue Gremium künftig leiten, gemeinsame ethische Standards erarbeiten und spezifische Fälle möglicher Verstöße untersuchen. Das neue Gremium soll allen EU-Einrichtungen und -Agenturen offenstehen, einschließlich der Europäischen Investitionsbank. Durch die Arbeit der Behörde gewährleisten wir, dass EU-Institutionen hohe ethische Maßstäbe einhalten. Das Wächterorgan steht für ein Europa, das konsequent und zuverlässig handelt.

Schärfere Regeln und mehr Transparenz bei Import und Export von Feuerwaffen

Verordnung, erste Lesung, Abstimmung am 25.4.2024.

Laut Schätzungen sind mehr als die Hälfte aller Feuerwaffen für den zivilen Gebrauch in Europa illegaler Natur – in Zahlen: über 35 Millionen. Dagegen geht die EU jetzt mit schärferen Import- und Exportregeln vor. Die neuen Bestimmungen sind ein Meilenstein im Kampf gegen illegale Feuerwaffen. Zukünftig wird nicht nur erstmals auch der Import EU-weit mit den gleichen Standards kontrolliert und zentral digital erfasst sondern dank des Einsatzes des sozialdemokratischen Berichterstatters ist es auch gelungen, starke Regeln für den Export beizubehalten. Die wollte der Rat so verwässern, dass ein Großteil von Feuerwaffen nicht mehr unter die neuen Regeln gefallen wären. So hätte es dann beispielsweise kein digitales System zur Rückverfolgung eines Großteils der Feuerwaffen und zur Überprüfung durch den Zoll gegeben. Jetzt sind stattdessen wieder alle Feuerwaffen für den zivilen Gebrauch erfasst – zu Recht, denn der Gesamtwert der ausgeführten Waren ist etwa dreimal so hoch wie der Wert der in die EU eingeführten Waren. Das zentralisierte elektronische Überwachungssystem wird auch die Endverwendung von Feuerwaffen transparenter und nachvollziehbarer machen.

Einen großen Erfolg konnte das Europäische Parlament auch in Sachen Transparenz verbuchen. Während die Mitgliedstaaten Datenmaterial zu dem Import und Export von Feuerwaffen ursprünglich nur untereinander teilen wollte, müssen sie zukünftig in einem öffentlichen Jahresbericht detailliert Rechenschaft ablegen. Nach dem Plenarabstimmung muss der Rat der Übererarbeitung der sogenannten EU-Feuerwaffenverordnung noch final zustimmen.

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