Themen der Plenarwoche in Straßburg

24.11.2025 | Plenum

Diese Woche kommen die EU-Abgeordneten wieder in Straßburg zum Plenum zusammen. Diese Themen stehen auf der Agenda: 

Spielzeugsicherheit – schädliche Substanzen verbieten

Verordnung, Abstimmung am Dienstag, 25.11.2025, 12 Uhr bis 13 Uhr; keine Debatte.

Kinder sind täglich durch ihr Spielzeug schädlichen Substanzen ausgesetzt, die ihre Gesundheit und ihre Entwicklung gefährden. Deshalb ist es aus sozialdemokratischer Sicht ein Erfolg, dass mit dieser Verordnung die Verwendung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) sowie der giftigsten Bisphenole in Spielzeug verboten wird. Diese hochtoxischen Stoffe stehen im Zusammenhang mit einer Vielzahl gesundheitlicher Probleme, darunter Krebs, Autoimmunerkrankungen sowie einer verringerten kardiovaskulären und metabolischen Leistungsfähigkeit. Sozialdemokrat:innen haben zudem erreicht, dass allergene Duftstoffe in Spielzeug für Kinder unter 36 Monaten verboten werden. Auch im Netz gelten nun erhöhte Sicherheitsanforderungen: Hersteller digital vernetzter Spielzeuge sollen bei der Entwicklung Aspekte wie psychische Gesundheit, Sicherheit und Privatsphäre von Kindern berücksichtigen.

Diese Abstimmung im November ist eine Bestätigung des Trilog-Ergebnisses vom April dieses Jahres. Die neuen Vorschriften werden nach einer Übergangsfrist von viereinhalb Jahren vollständig in Kraft treten. Auch Online-Marktplätze werden zur Verantwortung gezogen, indem sie garantieren müssen, dass auf ihrer Seite keine als gefährlich eingestuften Spielzeuge angeboten werden.

Schutz von Minderjährigen im Internet

Initiativbericht, Debatte am Dienstag, 25.11.2025; ab 13 Uhr; Abstimmung am Mittwoch, 12 Uhr bis 13 Uhr.

Der Initiativbericht des Parlaments enthält die folgenden Forderungen: gesetzliche Vorgaben für altersgerechtes und sicheres Design, ein Verbot engagementbasierter Empfehlungsalgorithmen und der schädlichsten Suchtpraktiken, strengere Vorgaben zu Dark Patterns, sowie ein Verbot von Lootboxen, also virtuelle Überraschungspakete in Videospielen, aus denen Spieler:innen zufällige virtuelle Gegenstände erhalten. Zudem wird im Bericht verlangt, dass Themen wie zielgerichtete Werbung, Influencer-Marketing, Suchtmechanismen und manipulative Designs im kommenden Digital Fairness Act adressiert werden. Ferner wird eine harmonisierte Altersgrenze für Social Media gefordert, für Video-Sharing-Plattformen und KI-Begleiter. Für Kinder unter 16 Jahren soll der Zugang zu diesen Seiten nur mit Zustimmung der Eltern erlaubt sein, für Kinder unter 13 soll er gänzlich verboten werden. Diese Forderung ist sehr kontrovers, unter anderem, da die Überprüfung des Alters Fragen der Privatsphäre aufwirft. 

Der Initiativbericht kann als Handlungsanweisung an Ursula von der Leyen gesehen werden. Die Kommissionspräsidentin richtet derzeit, wie in ihrer Rede zur Lage der Union angekündigt, eine Expertengruppe zu diesem Thema ein. Von der Leyen sollte diese Vereinbarungen in den „Digital Fairness Act“-Vorschlag der EU-Kommission aufnehmen, der für Ende nächsten Jahres erwartet wird. Es werden Änderungsanträge anderer Fraktionen erwartet. Katarina Barley wird jedoch konsequent dafür eintreten, den mühsam errungenen Kompromiss zu bewahren.

Industrieprogramm für Verteidigung – Schritt zu mehr gemeinsamer Beschaffung

Plenardebatte am Dienstag, 25.11.2025, 9 Uhr bis 11.50 Uhr;

Mit der Einigung über das European Defence Industrial Programm (EDIP) schlägt die EU ein neues Kapitel auf dem Weg zu einer echten europäischen Verteidigungsunion auf. Nach Jahren ineffizienter Parallelstrukturen zeigt der Draghi-Bericht: Europa zahlt rund 30 Prozent zu viel für Rüstung, weil gemeinsame Standards und koordinierte Beschaffung fehlen. EDIP setzt gezielte Anreize für gemeinsame Planung, Beschaffung und Produktion – ein zentraler Schritt, um überfällige Ineffizienzen abzubauen und die europäische Verteidigungsindustrie zu stärken.
Die sicherheitspolitische Lage bleibt angespannt: Die Ukraine verteidigt weiterhin Europas Sicherheit an vorderster Front. EDIP enthält daher Maßnahmen zur Unterstützung der Ukraine, etwa für zusätzliche Waffenlieferungen und eine stärkere Einbindung ukrainischer Unternehmen in das europäische Verteidigungsökosystem. Bedauerlich ist aus Sicht der Europa-SPD, dass weitergehende finanzielle Zusagen der Mitgliedstaaten zur Unterstützung der Ukraine ausblieben. Dennoch markiert EDIP einen wichtigen ersten Schritt zu gemeinsamer europäischer Verteidigungsfähigkeit und einer Beschaffungspolitik, die der Realität vernetzter europäischer Sicherheit gerecht wird.

Chinesische Exportkontrollen – Versorgung für Europas Industrie gewährleisten

Hauptdebatte mit Rat und Kommission am Mittwoch, 26.11.2025, 9 Uhr bis 11.50 Uhr.

Peking hat nach den von China am 9. Oktober eingeführten Exportkontrollen auf kritische Rohstoffe diese Maßnahmen zwar für ein Jahr ausgesetzt. Doch weitere Beschränkungen – etwa jene, die im April als Reaktion auf US-Zölle verhängt wurden – bleiben bestehen. Dies birgt erhebliche Risiken für Europas Industrie: Die Abhängigkeit von China bei seltenen Erden und strategischen Vorprodukten darf nicht zum geopolitischen Druckmittel werden. Zwar begründet China seine Maßnahmen mit angeblichen „dual-use“-Risiken und einem Beitrag zu einer friedlicheren Welt, tatsächlich sind die Einschränkungen jedoch aus sozialdemokratischer Sicht weder verhältnismäßig noch mit WTO-Regeln vereinbar.
Für die EU ist klar: Unbegründete Exportbegrenzungen müssen fallen, damit europäische Unternehmen Planungssicherheit behalten und Lieferketten stabil bleiben. Die jüngste Einigung Chinas mit den USA über eine Aussetzung der Maßnahmenverschafft der europäischen Industrie zwar eine kurze Atempause, doch eine langfristige Lösung bleibt dringend notwendig – insbesondere um die Versorgung mit Mikrochips und anderen Schlüsseltechnologien zu schützen. Entscheidend ist aus sozialdemokratischer Sicht, strategische Abhängigkeiten abzubauen und durch Diversifizierung, europäische Produktionskapazitäten und starke internationale Handelsregeln die wirtschaftliche Resilienz Europas zu stärken.

Entwaldung stoppen

Verordnung; Abstimmung am Mittwoch, 26.11.2025, 12 Uhr bis 13 Uhr;

Die Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten dient dazu, die weltweite Entwaldung und Waldschädigung zu stoppen, die durch den Verbrauch und Handel bestimmter Produkte in der Europäischen Union verursacht werden, etwa durch Holz, Rindfleisch, Kakao, Kaffee oder Palmöl. Ziel ist, Biodiversität und Klima zu schützen und nachhaltige Lieferketten zu fördern.

Die EU-Kommission hatte im Oktober Änderungen an der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) vorgeschlagen. Europäisches Parlament und EU-Mitgliedstaaten müssten sich vor Ende des Jahres auf Änderungen einigen, damit diese pünktlich zum Jahresende in Kraft treten können. Andernfalls tritt die ursprüngliche Fassung der EU-Entwaldungsverordnung in Kraft. Das Europäische Parlament stimmt in der Plenarwoche über seine Verhandlungsposition mit dem Rat ab.

Die Fraktionen von Sozialdemokraten und Liberalen haben der konservativen EVP-Fraktion ein Kompromissangebot gemacht, welches die Entwaldungsverordnung weiter entbürokratisieren würde, ohne ihre Umweltschutzwirkung abzuschwächen.

 Neustart der EU-UK-Beziehungen – Umsetzung des Handels- und Kooperationsabkommens

Umsetzungsbericht; Plenardebatte am Mittwoch, 26.11.2025, ab 13 Uhr; Abstimmung am Donnerstag, 27.11.2025, 12-14 Uhr.

Nach dem ersten EU-UK-Gipfel seit dem Brexit im Mai dieses Jahres stehen die Zeichen mehr denn je auf Neuanfang. Eine Stärkung der Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, insbesondere in den Bereichen Handel, Verteidigung und Sicherheit wurde vereinbart. Und mit dem Beginn der Verhandlungen in der nächsten Woche zu einem Abkommen über einen gemeinsamen Raum für Gesundheits- und Pflanzenschutz (SPS) und über die Verknüpfung von Systemen für den Handel mit Treibhausgasemissionen (Emissionshandelssystem – ETS) stehen die nächsten konkreten Vertiefungen der Beziehungen auf dem Programm. Das Europäische Parlament zieht deshalb während seiner zweiten Plenarsitzung im November mit seinem aktuellen Umsetzungsbericht über das EU-UK-Handels- und Kooperationsabkommen (TCA) eine erste Bilanz über den aktuellen Stand und den weiteren Weg. Das ist in diesem Jahr nicht nur aufgrund des EU-UK-Gipfels von besonderer Bedeutung – schließlich kommt das in 2021 abgeschlossene EU-UK-Handelsabkommen im kommenden Jahr besonders auf den Prüfstand. Denn das erste gemeinsame offizielle Review steht auf dem Programm. Klar ist: Nach Anfangsschwierigkeiten hat sich das Handels- und Kooperationsabkommen etabliert, aber es gibt durchaus noch Luft nach oben, die im Zuge des Neustarts auch angegangen werden. Die Zeichen stehen also weiter auf Vertiefung, aber der Weg ist dahin eher mittel- und langfristiger Natur.

Verletzung europäischer Werte durch Orbán sanktionieren

Zwischenbericht über Vorschlag für Ratsbeschluss; Debatte am Montag, 24.11.2025, ab 17 Uhr; Abstimmung am Mittwoch, 26.11.2025, 12 Uhr bis 13 Uhr.

Die Rechtsstaatlichkeit verschlechtert sich in Ungarn weiter, seit das EU-Parlament 2018 das Artikel-7-Verfahren eingeleitet hat. Mit seinem zweiten Zwischenbericht warnt das EU-Parlament erneut vor anhaltenden systemischen Gefahren für Rechtsstaatlichkeit und EU-Grundwerte sowie deren schwerwiegende Verletzung. Die Abgeordneten kritisieren den seit 2018 mangelnden Fortschritt im Rat, der trotz mehrerer Anhörungen keine konkreten Maßnahmen oder Empfehlungen beschlossen hat.

Die Parlamentarier:innen fordern die EU-Kommission nun auf, einen Vorschlag zur Einleitung der zweiten Stufe des Artikel-7-Verfahrens vorzulegen. Dieser Schritt ermöglicht Sanktionen wie die Aussetzung des Stimmrechts Ungarns oder finanzielle Sanktionen im Rahmen des Rechtstaatsmechanismus.

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