Weniger Bürokratie, mehr Wirkung? – Was es mit den Omnibus-Paketen der EU auf sich hat
Europa steht für Frieden, Stabilität, Wohlstand, Rechtstaatlichkeit und gemeinsame Werte. Aber auch Regeln – Regeln, die Menschen schützen, Unternehmen Orientierung geben und unsere Umwelt bewahren sollen. Doch manchmal werden diese Regeln so komplex, dass sie schwer verständlich, schwer umsetzbar und schwer vermittelbar sind – gerade für kleine und mittlere Unternehmen.
Mit gleich zwei sogenannten Omnibus-Paketen, will die EU genau hier ansetzen: Vorschriften vereinfachen. Doch was bedeutet das konkret? Warum ist das Thema so brisant? Und was sagt die sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament dazu?
Was sind die Omnibus-Pakete überhaupt?
Der Begriff klingt erst mal nach einem Transportmittel – tatsächlich handelt es sich aber um zwei Gesetztespakete mit mehreren „Haltestellen“: Omnibus I und Omnibus II. Beide wurden am 26. Februar 2025 von der EU-Kommission vorgelegt und zielen darauf ab, zentrale EU-Vorschriften praxistauglicher zu machen. Besonders im Fokus steht dabei, kleinere und mittlere Unternehmen zu entlasten, ohne die grundlegenden Ziele in Frage zu stellen.
Omnibus I
Umfasst konkrete Änderungen an vier zentralen Regelwerken im Bereich Nachhaltigkeit und unternehmerischer Verantwortung:
o Die Taxonomie-Verordnung, die klärt, was nachhaltige Investitionen sind.
o Der CO₂-Grenzausgleich (CBAM), der sicherstellen soll, dass auch importierte Produkte den Klimaschutz ernst nehmen.
o Die Richtlinie über Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), die Unternehmen zur Transparenz verpflichtet.
o Die Sorgfaltspflicht-Richtlinie (CSDDD), die Unternehmen zur Verantwortung zieht, wenn es um Menschenrechte und Umweltstandards in ihren Lieferketten geht. Das europäische Lieferkettengesetz.
Omnibus II
Konzentriert sich stärker auf Investitionsförderung, Verwaltungsvereinfachung und Entlastung von Unternehmen in anderen Bereichen, etwa:
o Erleichterung bei der Umsetzung von EU-Förderprogrammen
o Vereinfachung im Umgang mit CO₂-Grenzausgleich
o Vereinfachte Genehmigungsverfahren im Umweltbereich für Investitionspakete
Zusammengefasst: Es geht um nichts weniger als die Spielregeln für eine gerechtere und grünere Wirtschaft in Europa.
Warum ist das Thema so wichtig?
Nachhaltigkeit darf kein bürokratisches Monstrum sein. Wenn EU-Regeln so kompliziert werden, dass sie vor allem größere Konzerne nützen und kleinere Betriebe überfordern, läuft etwas schief. Deshalb ist es richtig, darüber nachzudenken, wie Vorschriften schlanker, klarer und umsetzbarer werden können.
Aber: Vereinfachung darf nicht zur Verwässerung werden. Wenn aus dem Ziel, Bürokratie abzubauen, am Ende ein Türöffner für schwächere Umwelt- oder Menschenrechtsstandards wird, dann verlieren wir das Vertrauen der Bürger*innen – und verspielen Fortschritte, für die viele lange gekämpft haben.
Was ist bisher passiert?
Seit der Vorstellung des Omnibus-Pakets durch die EU-Kommission Ende Februar wird im Europäischen Parlament intensiv verhandelt. Die sozialdemokratische Fraktion (S&D) hat sich gemeinsam mit anderen pro-europäischen Fraktionen – EVP, Renew und den Grünen – darauf verständigt, an einem Strang zu ziehen. Ziel dieser Einigung: Die Regeln einfacher zu machen, aber nicht zu verwässern.
Ein Teil dieses Prozesses war auch das sogenannte „Stop-the-Clock“-Votum, das am 3. April 2025 in Straßburg abgestimmt wurde. Dabei geht es um die Verschiebung der Anwendungsdaten für zwei wichtige Richtlinien – die zur Unternehmensberichterstattung und zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht.

Wie stehen wir als S&D-Fraktion dazu?
Unsere Haltung ist klar: Ja zur Vereinfachung – aber nicht auf Kosten der Menschen, der Umwelt und der sozialen Gerechtigkeit.
„Die Regeln, die wir in der EU beschließen, sollen einfach und effektiv sein. Aber sie müssen gleichzeitig sicherstellen, dass Unternehmen sich verantwortungsvoll verhalten – gegenüber Menschen und Umwelt. Vereinfachung darf niemals ein Deckmantel für Deregulierung sein.“
Was passiert als Nächstes?
Die kommenden Monate sind entscheidend. Das EU-Parlament wird sich weiter mit dem Paket befassen, ebenso der Rat der EU, also die Mitgliedstaaten. Wir werden dabei wachsam bleiben: Wir setzen uns dafür ein, dass die Gesetzesänderungen zu echten Verbesserungen führen – nicht nur für die Wirtschaft, sondern für alle Menschen in Europa.
Vereinfachung, ja – Rückschritt, nein.
Das Omnibus-Paket ist ein echter Stresstest für das europäische Projekt. Es zeigt: Europa will besser werden. Klarer, verständlicher, wirksamer. Aber wir dürfen dabei nicht die Werte verlieren, auf denen diese Union gebaut ist – Solidarität, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit.