Diese Woche steht wieder die Plenarwoche in Straßburg an. Unter anderem mit diesen Schwerpunkten:
Die Zukunft der europäischen Verteidigung
Hauptdebatte mit Rat und EU-Kommission zum Sondergipfel am Dienstag, 11.3.2025, 9 Uhr bis 11.50 Uhr; Ukraine-Resolution; Abstimmung 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr; Debatte über das kommende Weißbuch zur Verteidigung ab 13.30 Uhr;
Eine geeinte EU kann ihre Werte und Interessen wirksam vertreten. Denn Grundwerte und Sicherheit des Staatenbündnisses werden bedroht: Der russische Angriff auf die Ukraine brachte den Krieg zurück nach Europa, während der Rechtspopulismus – unterstützt von autoritären Regimen – die Handlungsfähigkeit der Union einschränkt. Zudem werden die USA unter Trump Europa voraussichtlich weiter den Rücken kehren. Laut einer aktuellen Studie des Bruegel-Instituts und des Kieler Instituts für Weltwirtschaft müssten Deutschland und die EU jährlich etwa 250 Milliarden Euro zusätzlich investieren, um rund 300.000 Soldaten zu mobilisieren. So könnten die Partner die amerikanische Lücke füllen, um die Verteidigungsfähigkeit Europas im Falle einer Bedrohung durch Russland zu stärken.
Begrüßenswert sind deshalb die von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagenen gemeinsamen Mittel zur Aufstockung der Investitionen in Sicherheit und Verteidigung. Die Vorschläge sind notwendig, um sicherzustellen, dass Europa verteidigungs- und abschreckungsfähig bleibt – und zwar unabhängig davon, wer im Weißen Haus sitzt. Doch das allein reicht nicht. Denn diese Ausgaben müssen in eine umfassendere Investitionsstrategie eingebettet sein, die nicht nur die militärischen Fähigkeiten, sondern auch die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und soziale Resilienz Europas stärkt. Die Menschen erwarten in dieser geopolitischen Zeitenwende zurecht einen handlungsfähigen Staat und eine handlungsfähige EU. Dafür müssen jetzt umgehend ausreichend Mittel bereitgestellt werden. Sozialdemokrat:innen wollen Europa in die Lage versetzen, die Verantwortung für die eigene Sicherheit zu übernehmen, legen dabei allerdings besonderen Wert auf den sozialen Zusammenhalt. Externe Sicherheit gibt es nur, wenn der interne soziale Zusammenhalt gesichert ist. Die EU-Staaten müssen kurzfristig massive Investitionen abstimmen, was jedoch nicht auf Kosten einer Politik des sozialen oder regionalen Ausgleichs gelingt.
Die Mitgliedstaaten müssen zudem in militärischen Bereichen stärker kooperieren. Dabei geht es um die Beschaffung, eine wettbewerbsfähige Verteidigungsindustrie, eine koordinierte europäische Rüstungsexportpolitik, um Manöver, Ausbildung, militärische Mobilität und die Integration nationaler Einheiten in multinationale Strukturen.
Krise des Automobilsektors europäisch bewältigen
Plenardebatte am Mittwoch, 12.3.2025, 9 Uhr bis 11.50 Uhr; Abstimmung über eine entsprechende Resolution voraussichtlich im April-Plenum.
Der europäische Automobilsektor ist Rückgrat der europäischen Industrie und Garant für gute Arbeitsplätze. Damit dies so bleibt, muss die EU die Automobilindustrie darin unterstützen, auf einen nachhaltigen Zukunftspfad zu gelangen. Dazu braucht es regulatorische Stabilität, günstigere Energiepreise, eine einfache leicht verständliche Bezahlweise beim Laden, niedrigere Netzentgelte sowie Nachfrageanreize für europäische E-Autos, damit diese Fahrzeuge erschwinglicher werden.
Die EU-Kommission hat am Mittwoch, 5. März 2025, einen fünfgliedrigen Aktionsplan vorgelegt, um die europäische Automobilbranche zu stärken. Auf Grundlage der Ergebnisse eines strategischen Dialogs mit Branchenakteuren unterbreitet die Kommission nun Vorschläge zur Stärkung von Innovation und Digitalisierung, umweltfreundlicher Mobilität, der Wettbewerbsfähigkeit sowie der Widerstandsfähigkeit der Lieferkette in der Automobilproduktion und zur Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen in der Branche.
Die angekündigten Maßnahmen verschaffen den Herstellern in den nächsten Jahren (2025 bis 2027) zusätzliche Flexibilität bei der Reduzierung ihrer CO2-Emissionen. Damit erhält der Sektor in der aktuellen Krisensituation Unterstützung, trotzdem ist sichergestellt, dass die Ziele zur Emissionsreduktion mit Blick auf die nächsten drei Jahre insgesamt immer noch erreicht werden.
Der Aktionsplan bietet einen ersten Schritt vorwärts zur Bewältigung der Krise in der Automobilindustrie – und richtet den Blick im Kapitel „Innovation und Digitalisierung“ auch nach vorne. Beim Megatrend autonomes Fahren beispielsweise kann Europa Marktführer werden, wenn die Voraussetzungen stimmen. In anderen Bereichen, wie etwa bei Social-Leasing-Modellen, und bei den Regeln für Geschäftsflotten, skizziert der Aktionsplan gute erste Schritte, bleibt aber viel zu vage. Allerdings befürchten Sozialdemokrat:innen, dass Konservative und Rechte in den erneuten Verhandlungen über den Rechtsakt versuchen werden, die Ziele im Allgemeinen und insbesondere das 100-Prozent-Reduktionsziel (Verbrenner-Aus) im Jahr 2035 zu verwässern. Dies ist für uns eine rote Linie. Wir fordern die EU-Kommission dazu auf, den Vorschlag im Falle eines solchen Versuchs zurückzuziehen.
Feministischer Kampftag – Gleichstellung gegen Rechtsruck erstreiten
Weltfrauentag am Samstag, 8.3.2025; Feierliches Gedenken im Plenum von 12 Uhr bis 12.30 Uhr; Parlamentsdebatte am Dienstag, 11.3.2025, 13.30 Uhr;
Angriffe auf Demokratie und Rechtsstaat nehmen weltweit zu. Gegen den Rechtsruck sollte die EU ihre Grundwerte zum Wohle aller verteidigen. Dabei müssen vor allem Frauenrechte und Gleichstellung im Zentrum der Bemühungen stehen. Leider ist auch die Kommission betroffen: Ein aktueller Rückschritt ist beispielsweise, dass Ursula von der Leyen die EU-Antidiskriminierungs-Richtlinie am 12. Februar 2025 im Rahmen des Arbeitsprogramms der Kommission zurückgezogen hat. Sozialdemokrat:innen werden solche Rückschritte nicht dulden. Wir benötigen nun dringend einen neuen Fahrplan für Gleichstellungspolitik und Frauenrechte, der die Ziele der nächsten Jahre absteckt. Einen solchen Plan will die liberale EU-Gleichstellungskommissarin Hadja Lahbib nun am Mittwoch, 5. März, vorlegen. Fraglich bleibt, ob sich eine EU-Kommission unter Ursula von der Leyen noch traut, in diesem Bereich ambitioniert vorzugehen. So sollte die Gleichstellungskommissarin beispielsweise einen Vorschlag machen, geschlechtsspezifische Gewalt als europäische Straftat zu definieren. Auch das Prinzip ‚Nur ja heißt ja‘ sollte die Behörde wieder auf die europäische Agenda setzen.
Zur feierlichen Gedenkstunde im Plenum werden Aktivistinnen aus Belarus und Ukraine erwartet, die teils unter widrigsten Umständen für ihre Rechte und die gesamte Gesellschaft kämpfen.
Migrationspolitik – neue Rückführungsmaßnahmen müssen auf EU-Recht beruhen
Gesetzesvorschlag; Kommissionsvorstellung der neuen Richtlinie sowie Plenardebatte mit der EU-Kommission am Dienstag, 11.3.2025, 13.30 Uhr.
Die EU-Kommission hat für Dienstag, 11. März, einen neuen Vorschlag für Rückführungen angekündigt. Dabei greift die Behörde womöglich Konzepte auf, die in der Vergangenheit bereits abgelehnt wurden und deren Wirksamkeit zweifelhaft ist.
Der österreichische EU-Migrationskommissar Magnus Brunner kündigt an, der neue Vorschlag enthalte strengere Verpflichtungen für Rückkehrer und Konsequenzen bei Nicht-Kooperation. Zudem enthalte er strengere Maßnahmen gegen Personen, die eine Sicherheitsbedrohung oder ein Fluchtrisiko darstellten.
Das bestätigt, dass die EU-Kommission und vor allem die Mitgliedstaaten auf eine immer restriktivere Migrationspolitik drängen. Sozialdemokrat:innen halten an einer Asyl- und Rückführungspolitik fest, die jegliche Externalisierung dieser Prozesse ablehnt. Eine Überarbeitung der EU-Vorschriften zur Rückführung muss den Fokus auf die Stärkung der freiwilligen Rückkehr legen und internationales und EU-Recht vollumfänglich respektieren.
Neue Zahlen der Europäischen Asylagentur von dieser Woche belegen zudem einen Rückgang der Zahl der Asylsuchenden in der EU, Norwegen und der Schweiz im Jahr 2024.
Engpässen von kritischen Medikamenten entgegenwirken
Verordnung; Veröffentlichung des Vorschlags und Debatte am Dienstag 11.3.2025, ab 15 Uhr im Plenum.
Engpässe bei Medikamenten betreffen insbesondere ältere, patentfreie und generische Arzneimittel. Ihre geringen Gewinnmargen machen Investitionen in die Produktion unattraktiv. Die EU-Gesundheitssysteme setzen verstärkt auf kostengünstige Generika, was jedoch zu einer erhöhten Anfälligkeit der Lieferketten führt. Viele kritische Medikamente werden von nur wenigen Herstellern produziert, die sich oft außerhalb der EU befinden. Besonders hoch ist die Abhängigkeit von asiatischen Lieferanten, insbesondere aus China und Indien, für aktive Wirkstoffe, was das Risiko von Versorgungsengpässen innerhalb der Union weiter erhöht. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, müssen Produktionskapazitäten in der EU ausgebaut, Lieferketten diversifiziert und strategische Partnerschaften gestärkt werden.
Darüber hinaus sollte die EU zusätzliche Maßnahmen ergreifen, darunter die gemeinsame Beschaffung, um die Fragmentierung des Marktes zu reduzieren und allen Bürger:innen den gleichen Zugang zu den kritischen Medikamenten zu ermöglichen. Zudem müssen faire Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden – sowohl in Bezug auf Umwelt- und Sozialstandards als auch im Wettbewerb zwischen in der EU und außerhalb produzierten kritischen Arzneimitteln. Diversifizierte Lieferketten spielen weiterhin eine entscheidende Rolle. Denn jede Störung – sei es durch Produktions- oder Qualitätsprobleme, Naturkatastrophen, geopolitische Konflikte – kann zu einem Mangel an kritischen Medikamenten in der EU führen. Bei allem gilt für die S&D-Fraktion: Gewahrt werden müssen im Umgang mit Arzneimittel-Engpässen Patientensicherheit, Patientenaufklärung, Transparenz, sowie eine umfassende Einbindung von Patient:innen.
Dekarbonisierung der Industrie – gute Arbeit und Arbeitnehmerrechte schützen
Resolution; Debatte am Mittwoch, 12.3.2025; ab 13 Uhr, Abstimmung am Donnerstag, 13.3.2025, 12 Uhr bis 14 Uhr.
Der Wandel der europäischen Industrie hin zu einer nachhaltigen und digitalisierten Produktion verursacht starke Veränderungen. Gleichzeitig haben die Krisen der letzten Jahre viele Menschen bereits stark belastet, vor allem in den mittleren und unteren Einkommensschichten. Der Wandel darf nicht einseitig zu Lasten der Beschäftigten gehen.
Der ökologische und digitale Wandel in Europa sollte vielmehr nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern auch sozial gerecht gestaltet werden. Bei der Transformation müssen die Rechte der Arbeitnehmer:innen gewahrt und ihre aktive Beteiligung an der Gestaltung der Zukunft gewährleisten werden.
Die europäische Industriepolitik muss bestehende Arbeitsplätze sichern und neue Perspektiven für Beschäftigte schaffen, die vom Wandel betroffen sind. Dafür braucht es unter anderem ein dauerhaftes europäisches Investitions-Instrument, um ausreichend Ressourcen zur Verfügung stellen. Außerdem gilt es, die Demokratie am Arbeitsplatz zu stärken und die Beschäftigten frühzeitig an den Restrukturierungen zu beteiligen.