Diese Woche findet wieder die Plenarwoche in Straßburg statt. Das sind die Schwerpunkte: 

Antwort auf Trumps Handels-Attacken – Zölle ausgesetzt, nicht aufgehoben

Plenardebatte mit Rat und Kommission am Dienstag, 6.5.2025, 9 Uhr bis 11.50 Uhr.

Die 90-tägige Pause von US-Präsident Donald Trump für bestimmte schon angekündigte pauschale Zölle läuft offiziell bis zum 8. Juli 2025. Bis dahin will Trump nur an zusätzlichen Zöllen von 10 Prozent sowie an Zusatzzöllen auf Autos und Autoteile sowie Stahl und Aluminium festhalten.

Die EU hat ihrerseits, als Reaktion auf die Zollpause und um Spielraum für Verhandlungen zu schaffen, die Ausgleichsmaßnahmen für Zusatzzölle auf Stahl und Aluminium auf Eis gelegt. Die Kommission arbeitet jedoch weiter an ihrer Reaktion auf die zusätzlichen US-Zölle auf Autos sowie die 10 Prozent der pauschalen Zölle und ist jederzeit bereit diese Ausgleichsmaßnahmen in die Tat umzusetzen.

Die Sozialdemokrat:innen halten für sinnvoll, die EU-Gegenzölle gegen die illegalen US-Zölle vorerst zu verschieben – mit klarer zeitlicher Begrenzung. Damit sendet die EU das Signal: Wir wollen verhandeln, nicht eskalieren. Gleichzeitig ist klar: Die EU ist wirtschaftlich stark und geeint. Eine Aufweichung unserer Digital-Gesetze und Lebensmittelsicherheits-Standards ist nicht Teil der Verhandlungsmasse. Die 90 Tage müssen genutzt werden, um diese Willkürmaßnahmen wieder vom Tisch zu bekommen. Daran sollte auch auf globaler Ebene, etwa über die WTO, mit gleichgesinnten anderen Staaten gearbeitet werden.

Langfristige EU-Finanzplanung – Herausforderungen gerecht werden
Entschließung des Parlaments; Plenardebatte am Dienstag, 6.5.2025, 13-15 Uhr; Abstimmung am Mittwoch, 7.5.2025, 12–13 Uhr.

In der Mai-Plenarwoche legt das Europäische Parlament seine Prioritäten für den kommenden langfristigen EU-Haushalt fest. Die Position des Parlaments fordert einen größeren Haushalt, jenseits der Grenze von einem Prozent des Bruttonationaleinkommens. Im Mittelpunkt stehen stärkere Investitionen in Verteidigung, Forschung und Infrastruktur.

Sozialdemokrat:innen erwarten, dass neue Ausgaben für die Verteidigung nicht zulasten des sozialen Europas und des Klimaschutzes gehen. Zudem dürfen sie nicht zu einer Kürzung gut funktionierender EU-Programme führen. Das Parlament fordert zudem die Einführung neuer EU-Eigenmittel, um die gemeinsamen Ziele zu finanzieren und die NextGenerationEU-Kredite nachhaltig zurückzuzahlen. Nationale Einzelpläne nach dem Vorbild des Wiederaufbaufonds lehnt das Parlament als Modell für die künftige Mittelverwendung ab und fordert eine Umsetzung des EU-Haushalts unter voller parlamentarischer Beteiligung sowie in enger Zusammenarbeit mit regionalen und lokalen Akteuren.

Die EU-Kommission sollte den Verordnungsvorschlag für den kommenden langfristigen EU-Haushalt voraussichtlich im Juli vorlegen.

CO2-Grenzwerte für PKW –  mehr Flexibilität, Verbrenner-Aus bleibt Ziel

Debatte am Dienstag, 6.5.2025, ab ca. 10 Uhr; Abstimmung über Anwendung des Eilverfahrens 12-13 Uhr; Abstimmung über Kommissionsvorschlag Do., 8.5.2025, 12-14 Uhr.

Die EU-Kommission hat Anfang März 2025 eine begrenzte Änderung der Flottengrenzwerte für Autos vorgeschlagen, die in Europa ab dem Jahr 2025 neu zugelassen werden. Um den Marktteilnehmern schnell Planungssicherheit zu verschaffen wird dieser Vorschlag voraussichtlich in einem beschleunigten Verfahren zur Abstimmung im Plenum gebracht werden. Unter der bis jetzt gültigen Gesetzeslage wären in 2025 mit großer Wahrscheinlichkeit Strafzahlungen für europäische Hersteller fällig geworden, da der Absatz von Elektro- und Hybridautos bisher hinter den Zielen zurückblieb. Diese Strafen hätten dem Sektor in einer sowieso schon schwierigen Transformationsphase weitere Ressourcen entzogen. Mit der Änderung hätten die Hersteller nun bis 2027 Zeit, das Überschreiten der Grenzwerte auszugleichen, in dem sie in den Jahren 2026 und 2027 noch mehr emissionsarme Autos auf den Markt bringen, als es der jetzige Grenzwert vorgibt.

Die Änderung wäre aus sozialdemokratischer Sicht ein notwendiger Schritt, um die europäische Automobilbranche in einer akuten Krisensituation zu unterstützen. Es wäre nicht im Interesse der Beschäftigten gewesen, wenn man Konzerne in der aktuellen Lage entweder zu hohen Strafzahlungen oder zu Zahlungen an außereuropäische Mitbewerber verpflichtet hätte. Gleichzeitig wird durch den sogenannten Banking-and-Borrowing Ansatz, also durch den Ausgleich durch Übererfüllung der Grenzwert-Ziele ab 2026, der gewünschte Effekt des Klimaschutzes langfristig nicht gefährdet. Das Verbrenner-Aus 2035 muss als Ziel der EU und als Kernbestandteil des Green Deal bestehen bleiben.

A Start of Something New – EU-UK-Gipfel in London

Plenardebatte am Montag, 5.5.2025, ab etwa 18 Uhr.

Zum ersten Mal seit dem Brexit findet wieder ein offizieller EU-UK-Gipfel auf höchster Ebene statt – am 19. Mai 2025 in London. Nach eher eisigen Jahren, die vor allem seitens Boris Johnson von taktischen Spielchen geprägt waren, kam es bereits unter Rishi Sunak zu einer pragmatischen Wiederannäherung, an deren Stelle jetzt der vom britischen Premier Keith Starmer postulierte ‚Reset‘ der gegenseitigen Beziehungen treten soll. Möglich wären etwa eine stärkere Zusammenarbeit in den Bereichen Verteidigung, Energie oder Mobilität aber auch ein stärkerer Fokus auf den Abbau von Handelshemmnissen.

Ein Fokus dieses EU-UK-Gipfels ist die geplante Unterzeichnung eines neuen Verteidigungspakts, der die Grundlage für eine engere Zusammenarbeit in sicherheitsrelevanten Bereichen schaffen soll. Der Pakt könnte den Weg für eine britische Beteiligung an sicherheitspolitischen EU-Initiativen wie der gemeinsamen Forschung, Beschaffung sowie der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) ebnen. Im Gegenzug könnte der Weg für die britische Rüstungsindustrie zur Beteiligung am 150 Milliarden Euro schweren EU-Verteidigungsfonds ‚SAFE‘ geebnet werden, was weitere Synergie-Effekte freisetzen kann. Trotz dieser Fortschritte bleiben einige offene Fragen bestehen, insbesondere hinsichtlich der finanziellen Beiträge des Vereinigten Königreichs zum SAFE-Fonds und der genauen Bedingungen für die Teilnahme britischer Unternehmen an EU-Verteidigungsprojekten.

Die Europa-SPD unterstützt den Neuanfang und den Ausbau der Beziehungen, fordert aber einen konkreten Fahrplan. Das Konzept sollte auf dem Gipfel auf oberster politischer Ebene definiert werden und den Handlungsrahmen für die nächsten Jahre bilden. Insbesondere in der derzeitigen geopolitischen Lage wäre fatal, wenn EU und UK nicht wieder enger zusammenarbeiten würden. Allerdings muss dies stets auf Grundlage des Handels- und Kooperations-Abkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich (TCA) erfolgen.

Demokratie-Abbau in der Türkei – Ende des Beitrittsprozess?

Jahresbericht; Plenardebatte am Dienstag, 6.5.2025, ca. 22 Uhr; Abstimmung Mittwoch, 7.5.2025, 12 Uhr bis 13 Uhr.

Die EU bewertet alle Beitrittskandidaten, so auch die Türkei, jährlich im Hinblick auf Reformfortschritte im Rahmen der Beitrittsverhandlungen. Über die Einschätzung im Jahresbericht des Ausschusses für Auswärtiges stimmt das Parlament am kommenden Dienstag in Straßburg ab.

Trotz der großen geopolitischen Bedeutung der türkisch-europäischen Zusammenarbeit in Fragen der Sicherheit, Energie und Migration zeigt Erdoğan einen Mangel an politischem Willen, die Kriterien für einen Beitritt zu erfüllen. Insbesondere die Ereignisse der letzten Wochen, wie die Festnahme des Oppositionsführers Ekrem İmamoğlu, demonstrieren die Ignoranz dieser türkischen Regierung gegenüber Demokratie und Rechtstaatlichkeit. Die große Kluft zwischen der Erdoğan-Regierung und der EU in Bezug auf Werte und Standards ist unverändert. Aus sozialdemokratischer Perspektive können unter diesen Umständen keinerlei Verhandlungen über den derzeit eingefrorenen Beitrittsprozess geführt werden.  Das Erdoğan-Regime verfolgt seit über zwei Jahrzehnten teils eine Politik, die gegen die Interessen der eigenen Bevölkerung geht. Daher ist es umso wichtiger, die große prodemokratische Zivilgesellschaft weiterhin zu unterstützen. Die türkische Regierung muss jetzt handeln, politische Gefangene sofort freilassen und auf den Boden des Rechtstaats zurückkehren.

Wasserressourcen vor Klimafolgen und Verunreinigungen schützen

Initiativbericht; Debatte am Montag, ab 17 Uhr, Abstimmung am Dienstag, 12 Uhr bis 13 Uhr.

Europas Wasserhaushalt droht außer Kontrolle zu geraten. Landwirt:innen in ganz Europa leiden unter immer längeren und intensiveren Dürreperioden, gleichzeitig werden andere Regionen von Überflutungen und gefährlichem Starkregen heimgesucht. In vielen Ländern sinkt der Grundwasserspiegel und in der ganzen EU sehen sich die Trinkwasserversorger vor neue Herausforderungen wie Pestizidrückständen, Spurenstoffen und Mikroplastik gestellt

Es ist daher richtig, dass die neue EU-Kommission sich die Wasserversorgung als Thema zumindest rhetorisch auf die Fahne geschrieben hat – allerdings haben die Kommissar:innen sich leider bisher nicht zu mehr als zur Erarbeitung eines nicht-bindenden Strategiepapiers verpflichtet. Um den Druck auf die Kommission zu erhöhen, hat das Parlament einen Initiativbericht auf den Weg gebracht, indem es seine Erwartungen für ambitioniertere Gesetzgebung formuliert. Leider wurde der Berichtsentwurf im Ausschuss von der EVP und ihren rechten Partnern in Bezug auf gefährliche „Ewigkeitschemikalien“ (PFAS) und deren Ablösung erheblich verwässert. Die S&D wird sich jedoch weiterhin für den Schutz der Europäer:innen und den Erhalt eines intakten Ökosystems einsetzen.

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In einem Beitrag von Table.Europe wurde meine Position als stellvertretende Vorsitzende der S&D-Fraktion aufgegriffen. Ich habe klar gemacht: Öffentliches Geld muss gute Arbeit fördern – nicht Lohndumping oder unfaire Wettbewerbsbedingungen.